Glasaale

Episoden





Jede der Geschichten leuchtet ins Innere der Gemüter.
Mit Ernst, Witz und Ironie.



Eine Kinderliebe geht zu Ende. Was würde Nietzsche sagen.
 Ist es Zuversicht, die ein Ereignis lenkt?
 Woran vergessene Männer leiden, die nicht sprechen wollen.
 Wovon sie sich selbst erzählen.
 Ein Bedrängter und seine Gedanken.
 Was alles passiert, bis Reichtum nebensächlich wird.
 Eine Hass-Liebe und die virtuelle Welt. Dazu ein erotisch verwirrter Mann.
 Alles, was Musik nur leisten kann.
 Wenn Irrtum und Verbrechen mit einem Schlag zerfallen.







































Leseproben 



Steinzeiten


(Auszug)

Die Farbe ist auffallend. Zwischen vielen andern, fahlen, entdecke ich ihn. Er wird nicht dazugehören, ursprünglich. Irgendjemand könnte ihn hinein geworfen haben, weil er ihn loswerden wollte oder weil von ihm auch etwas ins Meer kommen sollte. Irgendwann. Und irgendwann hat ihn die Strömung angespült, mir fast vor die Füße, dass ich nicht weitergehen mag.

Nächtlicher Appell


(Auszug)

Mitternacht. Eine junge Frau ist auf dem Heimweg nach einem Betriebsfest, noch ein paar U-Bahn-Stationen vor sich. Es ist Mai mit ersten Sommer-nächten, die Fenster sind geöffnet, ein lauer Wind geht durch.
Die U-Bahn hält, ein junger Mann steigt zu. Verfilzte Zöpfchen, in der Hand ein Glas Bier, fast ausgetrunken. Etwa zwei Meter steht er vor ihr und sieht sie an. Er scheint besorgt, endlich sagt er etwas.
„Wissen Sie eigentlich, warum es plötzlich so warm geworden ist?“

Eines Abends


(Auszug)

Sie sagt, morgen könnte doch er einmal zum Bäcker gehen und die Semmeln holen. Mit einem Ruck schaut Anton Fischer hoch.
Warum?
Weil sie schon immer geht, seit jeher, sagt sie. Er sagt nichts und liest das Fernsehprogramm.
Ob er denn nicht gehört hat?
Ohne aufzuschauen meint er, er braucht keine Semmeln.
Doch, widerspricht sie, er stürzt sich immer sofort darauf, sobald sie da stehen. Er lässt die Zeitung sinken.
Nein, sagt er, er isst sie halt, weil sie dastehen.
Das ist ungerecht, findet Anna Fischer.
Wieso, sagt er, sie mag doch Semmeln. Und wenn sie schon mal geht, kann sie ihm doch auch welche mitbringen. Oder will sie seine vielleicht liegen lassen.

Es gibt keine Tatsachen


(Auszug)

“Es gibt keine Tatsachen, nur Interpretationen.“
Mir müssen Sie das nicht glauben, aber Nietzsche?
Schon immer war ich verschrien als Wahrheits-fanatiker. Fanatikerin. Dabei wollte ich nur ehrlich sein und erwartete das Gleiche von andern. Weil Ehrlichkeit im Einklang mit der Wahrheit steht.
Meine kleine Cousine, sie war damals schon nicht mehr klein, als sie befand:
„Ehrlichkeit ist kein Wert an sich.“

Glasaale


(Auszug)

Es ist später Abend. Lea kommt ins Wohnzimmer, winkt ein „Hallo“ in Richtung Florian. Er nimmt den Kopfhörer ab und schaltet die Stereoanlage aus. Die CD steckt er fast zärtlich in die Hülle. Ein Geschenk von Lissy, zur Erinnerung an Berlin.
Er möchte nicht gefragt werden, was er angehört hat, dabei weiß er, Lea fragt nicht. Sie geht an die Bar und mixt sich Lillet mit Eis und Prosecco, nimmt einen Schluck, steht da. Florian geht auf sie zu, findet, sie hat wieder zu lange gearbeitet.
Ein wenig kleiner als sie, wirkt er neben ihr etwas schmächtiger als er ist. Sein blondes Haar macht ihn eher jungenhaft.
Er hebt die Arme, will Lea umarmen.
„Ach so“, sagt sie – sie hat ein Ferienhaus gekauft.
Florians Arme fallen. Das klang wie nebenbei, weniger bedeutend als eine neue Sorte Wein.

Glasaale


ISBN: 978-3-7494-8199-6
236 Seiten

(2020)

   Herausgeber: Rudolf Huber
 www.drrudolfhuber.de
Fotos: Gisela Janocha
   Lektorat: Katharina Maier
   www.katharina-maier.de

Herstellung und Verlag: BoD, Norderstedt